Werkzeugaufmaß und Prozessstabilität bei CIM-Prozessen
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Was Sie hier erwartet:

  1. EINLEITUNG
  2. GRUNDLAGEN: FEEDSTOCK-ZUSAMMENSETZUNG UND WERKZEUGAUFMAß
  3. EINFLUSS DER PULVEROBERFLÄCHE UND PARTIKELGRÖßENVERTEILUNG
  4. TYPISCHE HERAUSFORDERUNGEN IN DER PRAXIS
  5. LÖSUNGSANSATZ: DATENBANKEN UND PARAMETERTABELLEN AUF BASIS DER GRÜNDICHTE
  6. FAZIT

Einleitung

Die Keramikpulverspritzgießfertigung (Ceramic Injection Molding, CIM) bietet vielfältige Möglichkeiten, komplexe Bauteile in großen Stückzahlen wirtschaftlich herzustellen. Damit jedoch die gewünschten Endmaße und Eigenschaften sicher erreicht werden, müssen Materialzusammensetzung und Prozessparameter sehr genau abgestimmt sein. Ein zentrales Element ist dabei das richtige Werkzeugaufmaß (WKZ-Maß), welches die Schwindung von der Grünteil- zur Sinterphase berücksichtigt.

In diesem Blogbeitrag zeigen wir, wie Pulver- und Binderdichte – ebenso wie das A/V-Verhältnis (Oberfläche zu Volumen) der Pulverpartikel – das Werkzeugaufmaß, die Viskosität des Feedstocks und letztlich die Prozessstabilität beeinflussen. Außerdem stellen wir eine praxisnahe Methode vor, um mithilfe von Gründichte-Messungen schneller zu zuverlässigen Ergebnissen zu kommen.

Grundlagen: Feedstock-Zusammensetzung und Werkzeugaufmaß

Ausgangsgrößen

Für die Auslegung des Spritzgießprozesses und der Werkzeuge sind folgende Kenngrößen entscheidend:

  • Binderanteil (Massen- oder Volumenanteil)
    Wird in der Regel vom Materialhersteller vorgegeben.
  • Dichte Pulver
    Ebenfalls eine Vorgabe des Materialherstellers.
  • Dichte Binder
    Vom Materialhersteller spezifiziert.
  • Sinterdichte
    Orientiert sich bei Keramiken häufig an ca. 97 % der theoretischen Dichte.

Feedstock-Dichte

Aus dem Verhältnis von Pulver zu Binder ergibt sich die Feedstock-Dichte. Bei bekannten Volumenanteilen (x = Volumenanteil Pulver) lässt sie sich mithilfe folgender Gleichung berechnen:

Binder

Je höher die Feedstock-Dichte ist, desto geringer wird in der Regel die Schwindung beim Sintern. Umgekehrt führt eine niedrige Feedstock-Dichte zu einem größeren Schwindungsbedarf.

Aufmaßfaktor

Um das Endmaß eines gesinterten Bauteils zuverlässig treffen zu können, wird das Werkzeugaufmaß über einen Aufmaßfaktor (α) bestimmt. Dieser gibt an, um welchen Faktor das Bauteil vom Grün- zum Sinterzustand schrumpft. Der Faktor hängt ab von:

  • der Feedstock-Dichte
  • der Sinterdichte
  • dem Pulvervolumenanteil
  • sowie weiteren Parametern, die sich auf das Fließ- und Schwindungsverhalten auswirken.

In der Praxis wird α meist empirisch ermittelt oder tabellarisch bereitgestellt. Entscheidend ist: Solange Pulver- und Binderdichte und das Verhältnis von Pulveroberfläche zu Binder konstant sind, ändert sich der Aufmaßfaktor kaum. Schwankungen im Prozess oder Chargenwechsel können jedoch Abweichungen verursachen.


Einfluss der Pulveroberfläche und Partikelgrößenverteilung

A/V-Verhältnis und Viskosität

Die Partikelgrößenverteilung der Pulver variiert häufig von Charge zu Charge. Eine feinere Körnung führt zu einer größeren spezifischen Oberfläche (A/V-Verhältnis) pro Volumeneinheit. Je größer die Oberfläche, desto mehr Binder wird benötigt, um die Partikel vollständig zu benetzen. Bleibt der Binderanteil jedoch gleich, steigt in diesem Fall die Viskosität des Feedstocks.

  • Feineres Pulver
    – Höhere Oberfläche → mehr Binderbedarf → höhere Viskosität.
  • Grobkörnigeres Pulver
    – Geringere Oberfläche → weniger Binderbedarf → geringerer Viskositätsanstieg.

Prozessrelevanz

Eine falsch angepasste Viskosität kann beim Spritzgießen in der Keramikfertigung zu verschiedenen Problemen führen:

  • Ungleichmäßige Formfüllung: Lufteinschlüsse, Bindenähte und andere Fehlstellen.
  • Inhomogene Grünteil-Dichte: Führt später zu schwankenden Sinterergebnissen.
  • Maßabweichungen: Wenn über das Werkzeugaufmaß ein Viskositätseffekt zu kompensieren versucht wird, ohne die eigentliche Ursache (z.B. verändertes A/V-Verhältnis) zu adressieren.

Typische Herausforderungen in der Praxis

Aufwändige Trial-and-Error-Methoden

Bei vielen Fertigern wird bei auftretenden Maßabweichungen oder Viskositätsproblemen zunächst das Werkzeugaufmaß oder die Spritzparameter verändert, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen. Da jedoch erst nach dem Sinterprozess (oft 3–5 Tage) feststeht, ob die Anpassungen erfolgreich waren, kommt es zu:

  • Langen Wartezeiten: Maschinen- und Personalressourcen werden gebunden.
  • Fehlerrisiko: Hohe Abhängigkeit vom Fachwissen und der Erfahrung einzelner Mitarbeitender.
  • Mehrkosten: Blindversuche und Ausschuss verteuern den gesamten Herstellprozess.

Bedeutung der Gründichte

Ein effizienter Ansatz zur Reduzierung dieser Trial-and-Error-Vorgehensweise liegt in der Messung der Gründichte direkt nach dem Spritzvorgang. Diese zeigt bereits an, ob das Verhältnis von Pulver zu Binder im realen Bauteil stimmt und wie homogen die Verteilung ist.

  • Früher Indikator: Die Gründichte kann zeitnah gemessen werden – lange Wartezeiten bis zum Sinterteil entfallen.
  • Schnelle Korrekturen: Weicht die Gründichte signifikant ab, können Prozessparameter (z.B. Einspritzdruck, Temperaturprofile) rasch angepasst werden.

Lösungsansatz: Datenbanken und Parametertabellen auf Basis der Gründichte

Um zeitaufwändige Trial-and-Error-Schleifen zu vermeiden, empfiehlt es sich, einen Datenpool aufzubauen, in dem die Gründichte von Referenz-Chargen hinterlegt ist und mit den dazugehörigen optimalen Prozessparametern verknüpft wird.

Praktische Umsetzung

  1. Ermittlung der Gründichte
    • Durch die Density Systeme sehr präzise möglich
  2. Abgleich mit Referenzwerten
    • Vergleich der gemessenen Gründichte mit einer Referenz-Gründichte (
    • Liegt die aktuelle Gründichte innerhalb einer Toleranz, kann der Prozess fortgeführt werden. Andernfalls wird auf zuvor erprobte Korrekturparameter zurückgegriffen.
  3. Direkte Korrektur
    • Anpassung von Temperatur, Einspritzgeschwindigkeit, Nachdruck etc. noch vor der nächsten Serie.
    • So können Viskositäts- oder Fließprobleme proaktiv behoben werden.
  4. Fortlaufende Aktualisierung
    • Neue Messwerte, z.B. bei Chargenwechsel, ergänzen den Datenpool.
    • Mittels statistischer Auswertung oder (zukünftig) Machine-Learning-Methoden lässt sich der Prozess weiter optimieren.

Vorteile für die Keramikfertigung

  • Zeitersparnis: Keine 3–5 Tage Wartezeit, da Sinterergebnisse nicht abgewartet werden müssen.
  • Weniger Ausschuss: Frühzeitige Prozesskorrektur statt fehlerhafter Großserienproduktion.
  • Prozessstabilität: Kontinuierlich gleichbleibende Bauteilqualität.
  • Wissensaufbau: Das systematische Erfassen und Auswerten von Daten stärkt langfristig das Fachwissen im Unternehmen.

 

Fazit 

Die Keramikpulverspritzgießfertigung (CIM) erfordert eine präzise Abstimmung von Pulver- und Binderdichte sowie eine angepasste Partikelgrößenverteilung, um hohe Produktqualität und Prozesssicherheit zu gewährleisten. Schwankungen im A/V-Verhältnis der Pulverpartikel beeinflussen die Viskosität und damit das Fließverhalten beim Spritzen.

Anstatt sich ausschließlich auf aufwändige Trial-and-Error-Schleifen zu verlassen, bietet die Messung der Gründichte direkt nach dem Spritzvorgang eine schnelle und verlässliche Möglichkeit, Abweichungen frühzeitig zu erkennen und gegenzusteuern. Ein integriertes Datenbank- und Parametermanagement-System kann helfen, die richtigen Einstellungen für jeden Feedstock, jede Charge und jeden Pulvertyp effizient zu finden.

Auf diese Weise lassen sich Qualität, Kosten und Lieferzeiten positiv beeinflussen – und die Produktion von Keramikbauteilen gewinnt weiter an Stabilität und Wirtschaftlichkeit.

 

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